Sie hassen Orden und lieben Auszeichnungen. Wie Literaten und Journalisten sich gegenseitig nach oben preisen.
Wieder einmal poppt in den Medien das Foto eines Dichters auf. Aha, der neue N.C. Kaser-Preisträger. Der Tessiner Pusterla. Diesmal ein nettes, gütiges, nachdenkliches Gesicht. Aber unabhängig davon:
Es existiert eine regelrechte Preisverleihungs-Industrie, mit der Literaten und Journalisten ihren Marktwert nach oben treiben, indem sie sich gegenseitig preisen, ganz gleich, was sie in Wirklichkeit voneinander halten. Preise sind ein Geschäft auf Gegenseitigkeit unter Gleichgesinnten zum Zeck der Geschäftsbelebung.
Das kann man gerade an den kleinen «Preisen» im näheren Umfeld wunderbar nachzeichnen. Für die Literatur-«Szene» etwa beim N.C. Kaser-Preis der Büchwerwürmer Lana. Oder beim Gatterer-Preis für die Journalisten-«Szene» vor gerade einem Monat.
Der Schweizer Fabio Pusterla wird den Bücherwürmer-Preis übrigens heute im Ansitz Schallerhof, 50 Meter entfernt von meiner Schreibstube, in Empfang nehmen.
In Lana geht das schon seit den 1990er Jahren nach ungefähr folgendem Strickmuster: Örtlicher Dichter besucht Literaturfestival in Deutschland. Damit darf sich das Literaturfestival ‚international‘ nennen. Er trifft dort auf örtlichen Ost-Dichter mit Durst auf Westen. Lädt ihn nach Südtirol ein: Wein, Speck, Vollpension, Spaghetti und örtlichem Literatur-Preis, Kaser oder Tumler, einerlei.
Ostblock-Dichter revanchiert sich beim Lana-Dichter mit Einladung in den Wilden Osten und entsprechendem örtlichen Literatur-Preis. Beide laudieren sich gegenseitig. Die «Szene» berichtet. Die Dichter hängen ihre Aufenthalte und Preise ins Curriculum auf Wikipedia. Örtliche Kulturbehörden sind begeistert und sponsern weitere Tagungen, Preise und Publikationen.
Nach einigen dieser touristischen Bäumchen-Wechsle-Dich-Runden zwischen Hochspannungs- und Niederspannungs-Ländern ist eine Fangemeinde und ein Nischenmarkt da, die ein überregionaler Verlag bedienen möchte. Und eines Tages wacht Dichter als «Welt-Autor» des renommierten Verlages namens XY auf. Gioco fatto.
Ha, nicht dass es nur bei den Literaten so zugeht! Ich kenne da einige Koryphäen aus der Wissenschaft, die ihre Fama von Belobigung zu Belobigung aufbauen, bis sie endlich die Berater von Regierungen werden. Habe ich Kaser gesagt? Und was für Dichter und Wissenschaftler recht ist, soll für politische Erzähler, sprich Journalisten, billig sein. Davon erzählt der Gatterer-Preis 2023. Im Beitrag „Preiset einander I“ vom 3. Mai 2023 auf NUiS.