Wien, 2022, Russisch-Orthodoxe Kirche (c) dege

NEUTRAL

Georg Dekas
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14. Februar 2023

Österreichs grünes Staatsoberhaupt ist ein Meister der Verwirrung. Österreich sei nur «militärisch neutral», beim Krieg in der Ukraine aber ganz und gar nicht, meint Alexander Van der Bellen. Das ist wie Habecks insolvent, aber nicht pleite. Oder ständig a bisserl schwanger, aber nie ganz.

Beim jüngsten Empfang des Diplomatischen Corps in Wien – die Russen und Perser waren gar nicht eingeladen worden – sprach Van der Bellen: „Wir sind nicht neutral gegenüber dem Kampf eines Landes zur Verteidigung seiner Souveränität und Unabhängigkeit und für seine Freiheit.“

Abgesehen vom ungefragt einnehmendem «wir» fordert doch gar niemand die Neutralität in ethischen Fragen. Natürlich gibt jedermann dem Redner recht, wenn dieser verstärkend dazu legt: „Neutralität ist nicht Gleichgültigkeit“. Wäre noch schöner!

Doch von Werte-Neutralität ist im Österreichischen Staatsvertrag, als dessen Hüter der Bundespräsident sprechen sollte, gar nicht die Rede. Der Hütchenspieler Van der Bellen trickst da ganz ordentlich. Die Republik Österreich ist neutral in der Bedeutung von blockfrei! Das ist mehr als nur «militärisch» und weniger als nur «idealistisch».

Österreich ist blockfrei und hat das unter Beweis zu stellen.

Auch gegenüber dem Rechtsnachfolger der Sowjetunion. Unfreundliche Akte gegenüber Russen trüben diesen hochheiligen Status, mit dem Österreich seine Freiheit wieder zurück bekommen hat. Genauso wenig entspricht dem Geist der Blockfreiheit die plumpe, propagandistische Verstärkung einer Kriegsdoktrin, die von den aktuellen Tatsachen in der Ukraine wegschaut.

Es sei denn, Österreich erwägt die Aufgabe der Neutralität wie Schweden und Finnland. Aber darüber entscheidet nicht das Staatsoberhaupt mit seinen lediglich repräsentativen Aufgaben.

Herr Van der Bellen, Sie als Person und ihre Gleichgesinnten («Wir») müssen gar nicht neutral sein. Reden Sie doch einmal mit ihrer Regierung, und helfen Sie der Ukraine mit einem Friedensangebot an die Russen, das den Tatsachen Rechnung trägt und nicht einer unbegrenzten Kriegstreiberei das Wort redet.

Österreich war einmal eine Weltmacht. Durch eine ähnlich hochtrabende Kriegsrhetorik, wie Sie sie betreiben, und durch eine völlig falsche Einschätzung der Kräfteverhältnisse, der auch Sie zu unterliegen scheinen, ist die Weltmacht Österreich zu einem klitzekleinen Zipfelchen auf der europäischen Landkarte geworden.

Und hätten die Russen 1955 in Wien nicht eingelenkt, würden sie noch heute auf der Rechten Bahngasse im Schutz des KGB ihren Hund Gassi führen, um eine zu tschicken. Lernen Sie von den Schweizern, was es heißt «neutral» zu sein. Die haben Erfahrung. Und Österreich würde es gut tun, etwas schweizerischer zu sein.

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