Neu im Landtag: Bei der Südtiroler Freiheit Gewinn, bei der SVP eine Groteske: Lob für Rabensteiner (STF) und Kritik an Stauder (SVP).
Hannes Rabensteiner (35), Maurer aus Villanders, seit 22. Okotber 2023 Landtagsabgeordneter der Südtiroler Freiheit. Nehmen wir Bart und Tracht, Bike und Beruf wohlwollend zur Kenntnis und gehen ans Eingemachte. Die erste Tat des Volkssohnes in seinem Amt ist ein handgschriebener Antrag. Auflösung des längst überflüssig gewordenen Regionalparlaments (dessen identisches Weiterbestehen in den zwei Landesparlamenten Bozen und Trient gegeben ist).
Handgeschrieben! Man kann den Wert dieser bewussten Geste gar nicht genug hochschätzen. In einer Zeit, wo unendliche Schwaden von kopierten Dokumenten die Hirne der Leute schon zu Kopien gemacht haben, setzt ein Mann auf Hand und Herz. Was sagt dieses eine Blatt mit der eigenhändigen, heimelig-kunstvollen Schönschrift aus? So wahr ich hier schreibe! Fast schon Luther. Auf jeden Fall Reformation! Kein Gesetz, das nicht auf ein Blatt Papier passen würde. Die Zehn Gebote Gottes, wieviel Raum brauchen die? Es ist die Gestalt, die den Wesenszug vor Augen führt.
Dasselbe gilt auch für die zweite Tat des Neuabgeordneten Rabensteiner von der STF. Im Landtag fordert und erhält er die Simultanübersetzung vom Italienischen ins Deutsche, seiner Muttersprache. Wie, reiben wir außenstehende Zeitungsleser die Augen, das gab’s bisher noch nicht? Ja, wir haben richtig gelesen. Die deutschen Abgeordneten haben bisher im gesetzgebenden Organ unserer Heimat auf jegliche Ausgabe von mündlichen Erörterungen auf Deutsch VERZICHTET.
Nun, wird man einwenden, wir denken praktisch, wir können italienisch, die anderen aber nicht deutsch. Also Übersetzung nur wo nötig, das spart Kosten. NEIN, meine Herrschaften. Alle Italiener in diesem Land könnten längst schon deutsch, wenn sie wollten und es gebrauchen müssten. Nur riechen sie das Schwanzwedeln ihres Gegenübers. Außerdem wissen sie (wie alle Völker), dass das Bestehen auf die Herrschaftssprache Macht ist und Macht verleiht. Spiegelbildlich dazu ist der Verzicht einer nationalen Minderheit auf die eigene Minderheitssprache ein Zeichen der Unterwerfung. Umso grotesker, als es sich in unserem Fall um Europas und Tirols große Kultursprache Deutsch handelt.
Grotesk ist hier die Bekundung eines anderen Neuabgeordneten (der aus Lana), der weiterhin auf deutsche Simultanübersetzung verzichten zu können glaubt und damit gleiches Recht unter den Tisch fallen lässt. Dieser Edelweiß-Abgeordnete, der seinen Wahlkampf im Zeichen der Identität geführt hat (Stichwort Faschings-Indianer), rügt indirekt sogar seinen muttersprachlichen Kollegen Rabensteiner, indem er zur Rechtfertigung des einseitigen Sprachdienstes anführt, alle Südtiroler Abegordneten sollten gefälligst so viel Italienisch können, dass sie den Debatten der Italienischsprachigen locker folgen können – weil Landtagsabgeordnete ja „Spitzenpositionen“ bekleiden (hört, hört).
Da reibt sich einereiner erst recht die Augen. Wo liegt hier der Unterschied zur Position, sagen wir eines Faschisten aus den 1923ern, oder eines Italo-Chauvis von 2023 zum Herrn von der SVP? Nein, da gibt es keinen Unterschied mehr. Der SVP-Abgeordnete Stauder vertritt mit und in seiner „Spitzenposition“ eine linguofaschistische Position unter dem fragwürdigen Deckmantel der Utilität.
Also, Leute ihr habt hier auf der Hand die Ersttaten des einen und Erstworte des anderen. Hier ein handfester Schütze in Tracht, dort ein sich Elite wähnender Krawattenmann in grauem Anzug mit Weste. Der eine Wahlgewinner ohne Ehrgeiz auf Eintritt in höchste Kreise, der andere gerade noch hinauf geschlüpft in die herrschende Schrumpfpartei SVP – eine Partei (es wird immer offensichtlicher) mit zunehmend fragwürdigen politischen Grundsätzen. Da lobe ich mir ein echtes, unverfälschtes, handgeschriebenes Papier.
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