Faschisten-Adler an Obelisk in Lana (c) dege

DIE FOIBE

Georg Dekas
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16. Februar 2025

Italien gedenkt seiner Vertriebenen aus Istrien und Dalmatien im Symbol der «Foibe». Eine heikle Geschichte.

Italien gedenkt der Vertriebenen aus Istrien und Dalmatien am 10. Februar. Symbol dafür sind die «Foibe». Eine Foiba ist eine Karsthöhle. Das Gebiet rund um Triest ist voll davon.

Traurige Berühmtheit haben diese Foibe erlangt, als die kommunistischen Partisanen noch im Mai, Juni und Juli 1945 die Reste der besiegten Achsenmächte zu Tausenden umbrachten und viele davon in diese Gruben stießen: Die Opfer waren deutsche Wehrmachtssoldaten, italienische Salò-Kombattanten, Fascio-Funktionäre und Fans, slowenische Kollaborateure, kroatische Nazis, aber auch unbeteiligte Italiener, dern einziges Vergehen es war, an der falschen Küste zu leben.

Es setzte ein Flüchtlingsstrom ein. Die alteingesessenen italienischen Familien in Istrien und entlang der dalmatinischen Küste packten ihre Sachen und flüchteten vor den Kommunisten hinüber in das befreite Italien. Eine ansehnliche Zahl dieser Vertriebenen ließ sich übrigens in Bozen nieder.

Heuer gab es in Bozen einen Fackelzug zur Erinnerung an die Foibe. Der italienische Landeshauptmann-Stellvertreter Galateo (FdI) und Regierungspartner der SVP ist in diesem Zug mitgegangen. Es hagelte Kritik: Vom Verband der Partisanen ANPI bis hin zur neuen «sozialen Mitte» der SVP: Gedenken hin oder her, einen Südtiroler Amtsträger sieht man eben nicht gern zusammen mit den sozialen Nationalisten in Schwarz. Galateo hat verteidigend darauf verwiesen, dass auch die Schützen ihre Gedenktage haben, an denen halt deutsche vaterländische Rechte teilnehmen.

Im Stiefel selbst haben die Foibe ebenfalls für mächtig Stunk gesorgt. In Basovice (Basovizza), einer Fraktion von Triest, steht über einer Foiba ein Denkmal für die Getöteten. In der Nacht zum Gedenktag haben slowenische oder kroatische Nationalisten mit roter Sprühfarbe Sprüche auf den Straßenbelag gemalt: «Trst je nas» (Triest ist unser) und «Smrt fasizmu, svoboda narodom» (Tod dem Faschismus, Freiheit für die Völker). Die Reaktion des Staates war aufgewühlt bis in die Spitzen: «La foiba di Basovizza è un luogo sacro, un monumento nazionale» erregte sich Giorgia Meloni. Die Schändung werde nicht ungestraft bleiben.

Tatsächlich sind die Foibe und ihr Gedenktag höchst umstritten. Nach dem Krieg herrschte 50 Jahre lang eisernes Schweigen über die Massaker der Foibe. Die Linksparteien verhüllten, dass zusammen mit den jugoslawischen auch italienische Partisanen und Kommunisten die eigenen Landsleute niedermetzelten, als der Krieg schon vorbei war. Die Rechtsparteien Italiens durften nicht groß gedenken, weil die Foibe die Vergeltung für italienische Untaten unter dem Faschismus auf dem Balkan waren. Von beiden politischen Seiten im April-weiß-gewaschenen Unschuldsland Italien wird bis heute ein regelrechter Bürgerkrieg verheimlicht. Weit über den famosen 25. April 1945 hinaus, teils bis in den Juli 1945 hinein, gab es Rachegemetzel an den Salò-Faschisten, in Ferrara zum Beispiel, aber auch in Triest und Umland, dort in Verbund mit den Jugoslawen.

Erst die Mitte-Regierung Berlusconi hat ab 1994 die Aufarbeitung der Foibe-Massaker zugelassen und gefördert. Um die Wunden der politischen Spaltung nicht wieder aufzureißen, einigten sich die Parteien darauf, im Zeichen der Foibe der großen Vertreibung der Italiener aus ihrer dalmatinischen Heimat zu gedenken. Daraus ist dann der 10. Februar als «Giorno del Ricordo», Tag der Erinnerung, entstanden.

Wie die Schriften in Basovice und die exaltierten Reaktionen Italiens von Mattarella bis Meloni zeigen, brodelt es heftig unter dem Asphalt des hoch und heilig beschworenen Friedens. So ehrenvoll es ist, der Vertriebenen zu gedenken, so unmissverständlich tritt an den Foibe auch Italiens mörderisch melodramatischer Chauvinismus zutage, Arm in Arm mit dem ewig jungen italienischen nationalen Sozialismus. Das ist schade und verheißt nichts Gutes.

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