Zum Tag der Heiligen Corona lege ich einen Artikel vom Mai 2020 wieder auf.
14. Mai 2020
Gib, o heilige Corona, dass die Leut’ was lernen aus diesem kleinen Fingerzeig von oben (Geisel war es jedenfalls noch keine). Dass sie was lernen, ist gar nicht ausgemacht. Ganz im Gegenteil.
Übers Corona-Virus schreib i nix mehr. Dafür ein kurzes Stoßgebet an die Heilige Corona zum Namenstag am 14. Mai. Gott sei den armen Seelen gnädig, die elendiglich dahingeschieden sind. Nicht nur wegen der Schmerzen, die ihnen Covid bereitet hat, sondern auch wegen ihres Gefangenseins und einsamen Sterben-Müssens in einer entmenschlichten Maskenmaschinerie.
Danke sage ich, ganz allein für mich, für die ruhige Zeit, die Einkehr und – jeden Tag am schönsten – den streifen- und lärmfreien Himmel über mir.
Gib, o heilige Corona, dass die Leut’ was lernen aus diesem kleinen Fingerzeig von oben (Geisel war es jedenfalls noch keine). Dass sie was lernen, ist gar nicht ausgemacht, von wegen Chance, von wegen ante Corona und post Corona! Ganz im Gegenteil. So, wie ich die Automobile wieder in den Kreisverkehr hineinschießen sehe, so geil und gierig schnappen die Irdischen schon wieder nach der schnellen Besinnungslosigkeit ihres Lebens. Nicht mehr als zwei lächerliche Monate war das Brummen, Rauschen und Wuseln stillgelegt, lag die eine Hälfte der Menschheit weich gebettet vor dem Smartphone.
Für den Rest hat das Herunterfahren von Wirtschaft und Geselligkeit im Namen der Pandemie doch einige Erkenntnisse gebracht – angefangen vom praktischen Miteinander in Arbeit und Familie bis hin zu den großen ethischen Fragen zum Wert des Menschen und des Leben-Wollens um jeden Preis.
Zu Beginn der großen Sperrstunde begründeten das die „Dokter“ (vinschgerisch und treffend für Ärzte) noch mit der Verlangsamung der Ansteckung, auf dass die Intensivbetten für alle reichten. Gut, ist vernünftig – und so richtig bekannt war die Krankheit ja auch nicht. Also blieben wir brav und schnell zuhause, befolgten die Ratschläge der Ärzte zu Hygiene und Umgang.
Als sich dann nach und nach herausstellte, dass Covid allermeist nur der schicksalhafte „Tropfen“ war, der lang gelebte Leben zu einem natürlichen Ende brachte – aus christlicher Sicht eine Art Handreichung fürs bessere Leben im Jenseits – und als es sich herausstellte, dass für die Maximalabwehr vor einer möglichen Ansteckung die ganzen Kinder, viele menschliche Beziehungen, der gesicherte Broterwerb und das wirtschaftliche Überleben von Millionen von Unternehmen auf die Opfer(Wag-)schale geworfen wurde, da sprachen nicht mehr die Virologen, sondern die Staatspräsidenten – und diese verkündeten, dass jedes Menschenleben von gleich viel unschätzbarem Wert sei, whatever it takes. In einfacher Sprache: In reichen Ländern ist der Leib alles.
Fortan galt jeder als Zyniker und Menschenfeind, der öffentlich abzuwägen wagte zwischen Leib und Seele, Leben und Würde. Der Staat diktierte Notverordnungen, ließ Polizei ausrücken und warf die Notenpresse an. Die Meinungsindustrie – eine Neuigkeit – wurde nicht gleichgeschaltet, sondern schaltete sich selbst gleich und damit aus. (Für einen guten Zweck, aber das dachten die damals, ja, ‚damals‘, auch.)
Jetzt gab es auf der einen und ersten Seite die vom Staat verordnete Wahrheit und ganz hinten unten die Seiten der so getauften „Verschwörungstheoretiker“. Die verordnete Wahrheit saß in der Staatsopernloge mit Applaus vom Parkett, die anderen Wahrheiten phosphoreszierend im Dunkel einsamer Internet-Sitzungen zuhause.
Aber was soll die Klage? Alles neu macht der Mai, macht die Seele frisch und frei – ein wunderschönes deutsches Volkslied – und so strömen wir aus finsteren Stuben hinaus ins Grüne, legen uns das Papiertüchlein um Mund und Nase, um die Obrigkeit, die Denunzianten und die Pedanten nicht zu erzürnen, nehmen unsere Arbeit und unsere Geschäfte so langsam wieder auf, stellen fest, dass die meisten Menschen pumperlgsund sind, aber die Medien schon wieder nach neuen Viren und Übeln suchen, um die fantastische Klick-Rate der Corona-Zeit nicht zu verlieren, stellen fest, dass sich auch der Staat in seiner Rolle als oberster Hüter der Sittlichkeit samt einhergehender Verbote ganz gut gefällt, stellen fest, dass viele Wirtschaftstreibende und Privathaushalte in den guten Zeiten auf zu dünnem Eis und groß über ihre Verhältnisse tanzen, stellen fest, dass die Klima-Greta ausgedient und „ausgedeart“ hat, wenn es um Arbeit und Brot für Millionen geht, stellen fest, dass unsere Wirtschaft und unsere europäische Gesellschaftsordnung im Dickicht der Gesetze, Normen, Ämter und Einrichtungen jämmerlich gefangen und dem Untergang geweiht ist, wenn nicht bald ein Befreiungsschlag gelingt, stellen fest, dass das öffentliche Gesundheitssystem (genauso wie die meisten der unkündbaren Funktionäre in den Staatsapparaten und ihre Benefiz-Empfänger im Volk) nicht auf der Höhe der Zeit und der Aufgabe stehen (weswegen wir uns nicht mehr, sondern endlich viel weniger Staat und Steuern wünschen – dafür auch mehr und sei es auch schmerzhafte Eigenverantwortung) …stellen, über alles gesehen, fest, dass der (Zirkus-) Elefant namens Westen vor einem klitzekleinen Mäuslein blitzschnell auf den Artistenhocker gesprungen ist und ängstlich trompetend, Huch! auf einem Bein balancierend, O Weh! sich gar nicht mehr auf den Boden des Lebens traut. Heilige Corona, hilf!