Die geplante Standseilbahn Meran-Schenna würde den automobilen Verkehr durch Meran um ein geschlagenes Viertel vermindern, verkündet die Politik vollmundig. Man will den automobilen Verkehr um jeden Preis auf Bahn und Bus umlenken. Ein kostspieliger Irrtum.
Um nicht im Klein-Klein der Ortspolitik zu landen, tut es not, den Blick zu heben und auf die größeren und auch auf die inneren Zusammenhänge achten.
Eine Politik, die Leute um jeden Preis zum Umsteigen auf die Öffis bringen will, produziert nur noch mehr Autostau, noch mehr Emissionen und noch mehr Wartezeiten-Frust.
Die in Meran und Schenna herbeigewünschte Standseilbahn ist technologisch gesehen ein an Seilen gezogener Schienen-Omnibus von A nach B, wie das vor 150 Jahren der letzte Schrei war. Zukunft geht anders.
Standseilbahn ist Stillstandsbahn. Und nicht der erste Fall eines kolossalen Denkfehlers in Sachen Mobilität.
VINSCHGER LEHREN
Jeder im Meboland kennt und schätzt die Vorzüge der Schnellstraße zwischen Meran und Bozen, die 1997 dem Verkehr übergeben wurde. Sie hätte eigentlich bis zum Reschen fortgeführt werden sollen. Aber nein, die Umweltschützer predigten die Irrlehre, dass größere Straßen mehr Verkehr anziehen. Statt dessen nahm man die Eisenbahn wieder in Betrieb. Heute erstickt der Vinschgau im Verkehr, alle raufen sich die Haare. Das Vinschger Zugele ist ja ganz nett, aber halt nur in touristischer Hinsicht, und nicht als effektive Entlastung der Straße.
Schon allein dieses Beispiel könnte für die Meraner Verkehrsplaner ein Wink mit dem Zaunpfahl sein. Wenn sie eine Standseilbahn haben wollen, die nach den Gärten von Trauttmansdorff die nächste an die Kaiserzeit erinnernde Touristenattraktion sein soll, dann bitte. Aber als Verkehrsverminderer taugt sie genauso wenig wie die Vinschger Bahn. Dafür kostet sie, genauso wie die Vinschger Eisenbahn, den Steuerzahlern dieses Landes Jahr für Jahr Unmengen an Geld, weil sich keine dieser Bahnen von selbst rechnet.
DER DENKFEHLER
Die von den politischen Eliten gewollte Standseilbahn in Meran veranschaulicht dabei nur modellhaft einen Denkfehler oder Bias, wie die Neuen sagen. Dieses Bias besteht darin, die Bedeutung und Zukunft des individuellen und automobilen Verkehrs nicht richtig einschätzen zu wollen.
Seit nunmehr 30 Jahren predigen in Südtirol alle das grüne Credo, man müsse weg vom Auto und hin zum Zug. Die Propagandisten zieren dieses Postulat mit netten Worten wie «umweltschonend», «nachhaltig», «alternativlos» usw. Doch bis heute ist dieser Politik nichts geglückt. Außer Milliarden-Ausgaben und unsinniger Fahrverbote. Das beste Beispiel für die Falschheit der Annahme, man könne den automobilen Verkehr auf das Gleis zwingen und ihn dadurch verringern, ist der Brennerbasistunnel BBT.
AUCH BBT MUSS UMDENKEN
Jahr für Jahr nimmt der individuelle und automobile Verkehr auf der Brennerachse zu. Kein Wunder. Schliesslich ist die Brennerautobahn die Hauptschlagader Europas. Allein schon bescheidene Fahreinschränkungen durch Bürgerprotest oder Brückensanierungen bringen die Wirtschaft zum Verzweifeln. Gar nicht zu reden von einem Verlagern auf das Bahngleis! Wenn der BBT einmal fertig gestellt sein wird, wird es nicht einmal genügen, den Frächtern gratis diese Huckepack-Fahrten auf der Eisenbahn anzubieten. Um dieses Retro-Modell «attraktiv» zu machen, müsste man den automobilen Sattelzügen glatt die Fahrt mit Polizeigewalt verbieten.
Heißt das, dass die veranschlagten 20 Milliarden Euro für den Brenner-Basis-Tunnel verpulvertes Geld sind? Nicht unbedingt. Wegen der Röhre, nicht wegen der Bahn. Die BBT-Röhre wird heiß gefragt sein, wenn sie für den automobilen Verkehr unter Tage umgebaut sein wird, weil sie umgebaut werden muss. Ob das System Elon Musks Schubkraft sein wird, oder ein anderes, das wird sich weisen.
DAS AXIOM UNSERER ZEIT
Eines bleibt unverrückbar: Die individuelle, freie, ungebundene, automobile Fortbewegung ist die Essenz unserer Zivilisation, der archimedische Punkt, den nur die völlige Zerstörung von Allem außer Kraft setzen kann.
Und ist in einem Gebirgsland wie Tirol durch nichts zu überbieten. Das müssten sich auch die Meraner Verkehrsplaner hinter die Ohren schreiben, wenn sie Dienst am Bürger und nicht Dienst an den Baulobbies leisten möchten.
AUTO MOBIL 4 EVER
Die Mobilität der Zukunft unterliegt dem unaufhaltsamen technischen Fortschritt, der jedoch um den immergleichen, archimedischen, festen Punkt kreist: Maximale Freiheit und Selbstbestimmung.
Die automobile Erkenntnis ist: Ich allein bestimme wann, zu wievielt, wie schnell ich wohin fahre. Dieses Aha-Erlebnis des 20. Jahrhunderts wird sich das 21. nicht nehmen lassen.
Es werden sich die Antriebe ändern, und anstatt nur auf Asfaltbahnen zu fahren, wird es eines Tages auch Luftkorridore geben, auf denen flüsterleise, abgasfreie Luftfahrzeuge automatisiert dahingleiten: Privatfahrzeuge, Lufttaxis, Lasten-Drohnen. So wie auf dem Boden auch.
POLITIK HAT ZU TUN
Ja, es können die Gefährte kleiner sein, es können Verkehrs-Ruhetage eingeführt werden, oder PKW an ungleichen Tagen verkehren. Damit hätte die Politik schon jede Menge zu tun, um die punktuelle Mengenbelastung unter heutigen Bedingungen in den Griff zu bekommen.
Parallel dazu tut die Technik ihren Job. Die Antriebe werden sauberer, leiser und ungiftiger, so, wie in den letzten 80, 50 und 20 Jahren unglaubliche Fortschritte erzielt worden sind. Jeder Oldtimer führt jeder Nase vor, wie Fahrzeuge einmal gestunken und ihre Giftgase vernebelt haben. Aber an der persönlichen Auto-Nomie führt kein Weg herum und vorbei. Alles, was diesem Gesetz des modernen Archimedes entgegen steht, ist eine mobilitätspolitische Fehlplanung.
GRABT NOCH EINE RÖHRE!
Zurück in das liebliche Meran. In einer vorausschauenden Perspektive wäre es tausendmal gescheiter, endlich eine Röhre durch Obermais hindurch zu bohren, um das Nadelöhr Meran auszuschalten. Was für Leifers und St. Jakob geht, müsste für das Passeier, Schenna, Meran und Obermais geradezu billig sein.
BAUT NOCH EINE SEILBAHN!
Dann könnte das Hoteldorf Schenna immer noch ein Touri-Bahnl am Seil hoch über die Lazag auf den Kopf des Küchelbergs schweben lassen, wo eine zweite Seilbahn auf sie wartet, die von der Meraner Altstadt nach Dorf-Tirol und von dort weiter auf die Hochmut ins Gebirge führt.
Alles gscheider als eine Standseilbahn, die im Küchelberg drin U-Bahn spielt.
Ein Meraner Unternehmer macht vor, wie Seilbahn geht: Lana, Vigili-Joch. Angenehm für Gäste, schonender Grundverbrauch, annehmbare Draufgabe für Steuerzahler, kein Finanz-Stress, keine Enteignungen – eine organische Fortführung der Tradition, ohne wichtige Optionen auf die Zukunft zu gefährden.