Das britische Königshaus ist das Königshaus der ganzen, einen Welt. Ernst und Würde statt Cheese und Spektakel.
Sieben Stunden lang sendete die BBC die Fernsehbilder von der Salbung und Krönung von Charles III. in alle Welt. Dank dem Staatssender und der Regie des Hofes geriet die Übertagung nicht zu einem Spektakel der Eitelkeiten, und konnte nur begrenzt von Klatschreportern und Gazetten missbraucht werden.
Die Weihe im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt stand die kirchliche und mithin die geistige und seelische Weihe des Königs in Westminster Abbey. «Das hat die Meghan nicht überrissen. Dachte wohl, alles sei Hollywood», sagte Gemahlin neben mir. Ganz allein mit dieser Einstellung ist die Frau Markle freilich nicht. Wie die Kommentierungen in den Medien zeigten, erwarteten sich auch die sich mehr Show und Glamour. Doch der gute König Karl schob dem einen Riegel vor. Die Kameras der BBC blieben streng im Mittelschiff der Kathedrale, im Brennpunkt stand stets die heilige Handlung und die fein orchestrierte Würdigung durch die Musik und die kultische Repräsentation.
Ein Körnchen Privacy
Als der König das Sakrament der Salbung vom Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, empfing, geschah das hinter vier Paraventen, abgeschirmt von der televisionären Weltöffentlichkeit. Das war Charles. Einfach gut. Es war sein Mittelfinger an den Gafferkult. Seht her, ich bin der Öffentlichkeit verpflichtet, aber nicht ein gläserner Mensch. Das Innerste, das Heiligste, das müsst ihr mir überlassen, da dürft ihr eben nicht hineinschauen.
Substanz, nicht Masse
Wers kapiert hat, hats kapiert, die meisten eh nicht. Wurscht. In einer Umfrage vorher hieß es, 75% würden sich die Krönung nicht anschauen, 25% schon. Das sind gute Zahlen. 75% Inertmasse und 25% Triebmittel, davon kann jeder Gugelhupf nur träumen.
Würde statt ‚Cheese‘
Die Zeremonie der Krönung von Charles III. war auch sonst in jeder Hinsicht aussagestark. Der ernste, fast unregsamer Gesichtsausdruck des Geweihten. Die Frau mit dem Staatsschwert voran, wie aus Marmor gemeißelt. Das byzantinische Königsgewand, das in die Jahrtausende zurückweist. Die Uniformen, Roben, Trachten und Talare ringsherum. Schottische Kilts, Ritterordensmäntel, RAF-Uniformen, Kirchen- und Hofgewänder bezeugten den gewachsenen Stolz auf das vielfältige Eigene.
United Colours of Kingdom
Ein englischer Premier, der als Hindu die Lesung gibt, Sikh-Turbane in Chor und Heer, Bischöfin, orthodoxer Patriarch, Rabbi, Kardinalspurpur, schwarzer Gospel und anderes mehr waren so einfühlsam gesetzt, dass es nicht wie Multi-Kulti-Folklore hinüberkam, sondern als das, was das britische Commonwealth und sein König in Wirklichkeit sind: ein Weltenkönigtum. Das einzige und vielleicht letzte Königtum der ganzen, der einen Welt. Stets aufnahmebereit und eigenständig, kurz, den abendländischen, christlichen Werten in britischer Fassung verpflichtet. Den echten.
Diese Engländer!
Als Geschichtsliebhaber kann man nicht genug staunen über dieses kleine Inselvolk im Nordwesten Europas, das es geschafft hat, sich die halbe Welt untertan zu machen. Und heute mit einem Königshaus dazustehen, das die Völker und Kulturen der Welt in sich repräsentiert wie kein anderes. Da kann nicht einmal mehr das römische Papsttum mithalten.
Charles mag alt und schon etwas gottergeben sein, aber hinter ihm, ebenso geduldig und dienstbereit wie der frisch gesalbte König, stehen schon William und Kate, nach ihnen Louis, Charlotte, George.
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Bild: Dame Elizabeth Anionwu bringt den Reichsapfel zum Altar (Credit BBC)
Eine gute Beschreibung der Krone-Insignien und Würdenträger gibt der STERN (Danke).