Nein zur Zwangskennzeichnung und dem übertriebenen Lokalkult von Lebensmitteln.
Im Südtiroler Landtag soll am Pfinztag, 9. Februar 2023, die Pflicht zur schriftlichen Herkunftsbezeichnung von Lebensmitteln in Gastronomie, Mensen und Buschenschänken behandelt werden. Es geht darum, dass möglichst viel „Südtirol“ draufstehen soll.
Das ist nun wirklich ein ganz besonderes Ei, sozusagen „a Googele fa do“, ein heimisches, „von da“, gelegtes Gesetzes-Ei. Als Abgeordneter würde ich der Vorlage nicht zustimmen.
Zuhause bin ich der Koch und unumstrittene Feinschmecker. Ich lege sehr großen Wert auf Herkunft und Güte eines Nahrungsmittels. Das beginnt beim Wasser (!) und dem Kochsalz. Es geht weiter von A bis Z, über alles Essbare und Schmeckbare. Von A wie Apfel aus dem eigenen Garten bis Z wie Zimt, das aus Ceylon/Sri Lanka sein muss.
Und genau mit dieser Einstellung gibt es ein Nein zur gesetzlichen Kennzeichnungspflicht des Landes. Die Gesetzgeber verfolgen das Ziel, den Absatz der heimischen Lebensmittel zu erhöhen, vor allem in öffentlichen Mensen und in den sieben Krankenhäusern Südtirols.
Die Einbringer von Gesetz samt Bußgeld hoffen wohl darauf, dass die Esser am Ende Druck machen, wenn sie sehen, dass die Milch aus Parma kommt, die Giggerlen aus Padua, der Speck aus Wörgl und der Käse aus Frankreich.
Nein, das werden sie nicht: «Ah, isch mir gleich», wird die häufigste Reaktion sein. Aus zwei Gründen: Bei einwandfreier Beschaffenheit gehen Preis und Qualität vor Herkunft. Bei den meisten der Preis, bei mir die Qualität. Nie würde ich einen Camembert der Mila in Kardaun einem Camembert aus der Bretagne vorziehen.
Umgekehrt nützt es wenig, wenn auf der Milchpackung drauf steht «Südtiroler Bergbauernmilch», wenn ich als Einheimischer weiß, dass die Bauern, um auf ihre magere Rechnung zu kommen, Heu aus der Poebene und Kraftfutter zukaufen müssen, dessen Körner von überall her aus der Welt kommen, Kanada, Ukraine… – und das Heu von der Bergwiese für die Kühe nicht mehr als ein «Nachtisch» ist. Jeder kann sich das anhand der produzierten Mengen und vorhandenen Flächen ausrechnen, und wenn es dazu nicht reicht, genügt es, im Frühjahr mit der Nase ins Bergbauerngrün zu schnuppern.
Wenn ein politisches Werkzeug unbrauchbar ist, sollte man es nicht verwenden. Die schriftliche Kennzeichnungspflicht und die darauf ausgestellten Strafen produzieren geringen Nutzen und großen Aufwand, noch mehr Bürokratie und nicht zuletzt schwelenden Unfrieden. Gegen die paar gewonnenen Wählerstimmen steht der Verlust von umso mehr Stimmen bei den zu Recht erzürnten Gastronomen.
Das Ziel, mehr in regionale Kreisläufe zu investieren, ist insgesamt zu unterstützen. Die gewählten Maßnahmen müssen aber „sitzen“, und nicht wie eine Tratzerei ankommen bei denjenigen, die wesentlich mithelfen könnten, dieses Ziel zu erreichen.
Ich bin Bürger und Feinschmecker und belasse es mit einer kleinen Anregung zur Gesetzesarbeit der Spezialisten: Vielleicht sollte die Kennzeichnungspflicht nur für öffentliche Betriebe gelten und für jenen Teil der Gastronomie, der von der öffentlichen Hand wesentliche Beiträge bekommt oder Steuererleichterungen genießt.