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WAHLBETEILIGUNG

Georg Dekas
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18. April 2025

Geringe Wahlbeteiligung ist Zeichen für Zufriedenheit. Verlängerung der Wahlzeit ist falsch.

Die Region Trentino Südtirol hat als Gesetzgeber des Gemeindewahlrechts die Öffnungszeiten der Wahllokale bis um 22 Uhr verlängert und glaubt damit der stetig sinkenden Wahlbeteiligung entgegen zu wirken. Das Gegenteil wäre zielführender.

Dolomiten 18 apr 25, von NUiS bearbeitet

Nur knappes Gut wird geschätzt

Die Vorarlberger machen es vor: Im Ländle wird bei Wahlen frisch nur einen halben Tag lang gewählt. Zu Mittag oder am frühen Nachmittag machen die Wahllokale zu. Am Nachmittag wird ausgezählt. Um 18 Uhr gibt es die Ergebnisse.

Dieses Vorgehen entspricht der Marktpsychologie. Wertvolles ist immer knapp und Knappes wird wertvoll, weil es knapp ist. Was für Gold und Diamanten gilt, gilt auch für das Zeitfenster der Stimmabgabe. Wobei noch etwas dazukommt, wenn dieses Fenster lang und länger wird – es ist die so genannte Prokrastination, das Hinausschieben, das Glagglen (Achwas, i geh erst am Abend wählen… Hoppla, schon 9? Geh, dann lassen wir’s halt).

Wahlbeteiligung reguliert sich

Die jüngsten Bundestags- und Kanzlerwahlen in Deutschland (aber auch die in Amerika) haben es wieder einmal gezeigt: Wenn den Bürgern der Hut brennt, dann schießt die Wahlbeteiligung nach oben. Deutschland: 70,8% (2009), 82,5% (2024). Im Umkehrschluss gilt, dass eine geringere Wahlbeteiligung um  oder auch unter 50% (Südtirol) eher ein Zeichen für die Zufriedenheit der Wähler mit der bestehenden Verwaltung der öffentlichen Geschäfte ist als ein Zeichen von Politikmüdigkeit.

Gefahr nur bei Ohnmacht

Die verschiedenen Politiker können daher ihr Gesülze von Mitgestaltung und lebendiger Demokratie ruhig in der Schublade lassen. Die eigentliche Gefahr für die Demokratie beginnt, wenn sich Wähler ohnmächtig fühlen: Wenn, so wie in Deutschland und Österreich, Millionen Bürger bzw. ein ganzes Viertel der aktiv Wählenden geschnitten, gedemütigt und missachtet werden; wenn verlierende Parteien sich mit Parteizwergen und abgestraften Parteien zusammentun, um kartellgleich als falsche Sieger weiterzumachen. Selbst in dieser Lage werden die Leute nicht einfach aufhören zu wählen. Vorher gehen sie auf die Straße. Letztlich mit der Waffe in der Hand.

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