Briefkasten aus dem Königreich Italien (c) dege 2022

AUFREGUNG UM BRIEFMARKE

Georg Dekas
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6. August 2024

Weibisches „Entsetzen“ bei der Sommerloch-SVP: Italien widmet dem Giovanni Gentile eine Briefmarke.

Giovanni Gentile war Philosoph und Nationalist, von Mussolini 1922 als Bildungsminister eingesetzt, hat die Pflichtschule in Italien unitarisch ausgerichtet. Die Lex Gentile gilt grundsätzlich heute noch, und das mit dem vollen Rückhalt der großen Mehrheit der Italiener. Damals, 1922, war Südtirol frisch annektiertes österreichisches Gebiet und hat nicht nur mit Gentile, sondern mit Italien selbst die Arschkarte gezogen. Nicht nur weil Deutsch verboten war, auch weil das deutsch-österreichische Bildungssystem jener Zeit haushoch über der staatlichen italienischen Schule stand.

Nachdem Italien seinem nationalen Schulschmied schon 1994 eine Briefmarke gewidmet hatte (erste Regierung Berlusconi) tut Italien das wieder im April 2024 (erste Regierung Meloni).

Im lethargischen Sommerloch finden nun SVP-Parteileute das Konterfei des Fascho-Ministers „unerträglich“, „entsetzlich“ und „nicht tolerierbar“, einen „Affront gegen Südtirol“. Abgesehen von der grassierenden Unsitte des weibischen Tons, mit dem alles in der Politik mit Gefühlsausrufezeichen apostrophiert wird, kommt die SVP erstens zu spät, hängt sich zweitens an einem irrelevanten Tatbestand auf und muss sich drittens fragen lassen, ob sie überhaupt weiß, mit wem sie 2023 eine Regierungskoalition eingegangen ist. Die Fratelli-Freunde sind in Italien an der Regierung, und diese Partei schämt sich nicht für die eigene Geschichte.

Das gespielte „Entsetzen“ der Südtiroler Volkspartei, die sich längst schon mit der offenen – nunmehr oft hausgemachten und freiwilligen – Italianisierung unserer kleinen politischen, kulturellen und sprachlichen Minderheit im Zentralstaat Italien abgefunden hat und dieser sogar zuarbeitet, wirkt deplatziert und peinlich. Wennschon sollte Italien die Front sein und nicht irgendein Minister aus urfernen Zeiten. Indem sich die SVP-Granden – wie gesagt aus Sommerloch-Gründen – am Gentile abarbeiten, entbättern sie sich lediglich als deutsch sprechende und politisch links stehende Italiener, denen es wichtiger ist, den Finger gegen einen Minister der faschistischen Regierung Anno Dazumal zu erheben, als ein konstruktives Gegenzeichen zu setzen.

Kulturlandesrat Achammer, spiele weniger mit deinem Smartphone und gib eine „Protest“-Briefmarke als kleines Marketing-Tool heraus, am Besten mit dem Konterfei vom seligen Schullandesrat Anton Zelger, der dem bildungspolitischen Italien noch die „Hert g’hebt“ hat – die harte Kante gezeigt hat – mit seinem legendären Motto: „Je klarer wir trennen, desto besser verstehen wir uns.“ Anders gesagt: Den Kulturkampf müssen wir HEUTE wieder unter neuen und genauso gefährlichen Bedingungen gewinnen, das Gestern und Vorgestern ist völlig schnuppe.

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