Am 9. Juni heißt es Ausmisten in Brüssel! Dazu eine kurze Geschichte der EU.
Zur Wahl des EU-Parlamentes am 9. Juni müssen dem einfachen Volk die Vorteile der EU gehörig unter die Nase gerieben werden. Was liest man, was die EU Großartiges zustande gebracht hat? Die Vereinheitlichung der Telefonstecker. („Das EU-Parlament stimmte mit großer Mehrheit dafür, dass der Stecker im Format USB-C ab Herbst 2024 als Standard gilt.“ Die Zeit) Gewaltig! Ähnlich die „Dolomiten“ (Bild unten). Sorgsamer könnte man den dramatisch schlechten Zustand des Vereinten Europa nicht verbergen. Und das Beispiel zeigt, welchen Geisteshorizont man den Bürgern zutraut. Wählen gehen wegen Telefonkabel? Nein, da gibt es mehr!
Wie alles begann
Nach 1945 wurde die Europa-Idee konkret: Die enge wirtschaftliche Verflechtung der Nationen sollte das Risiko eines dritten großen Krieges in Europa auf Null bringen. Aus der EG (1952) wurde die EWG (1958) und aus der EWG die EU (1993). Staatsgrenzen in Europa sollten unsichtbar werden, eine Flagge, ein großes Parlament und eine Hauptstadt sollten eine europäische Identität schaffen. Eine gemeinsame Währung und überall gültige Standards sollten ganz Europa vereinen und einen Binnenmarkt schaffen, der ganz vorne und ganz oben in der Weltliga spielt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands (1990) drückte man aufs Gaspedal. 1999 ging es los mit dem Euro. Der Optimismus war grenzenlos, «irreversibel» das Wort der Stunde. Die Massen genossen die neue Reisefreiheit, das Einkaufen von woher auch immer, das Wegfallen der Passkontrollen und das lästige Geldwechseln an den Staatsgrenzen. Die Politik bemühte sich um Stabilität. Die Eiferer sahen schon das Ziel der «Vereinigten Staaten von Europa» in Reichweite.
Überstürzte Osterweiterung
Doch Kohl, Giscard und Prodi hatten die Rechnung ohne die Geopolitik gemacht. Im Osten Europas hatte sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion (1989) und ihrer Macht über die Vasallenstaaten hinter dem «Eisernen Vorhang» ein gewaltiges Vakuum gebildet. Ein Eldorado für die westlichen Konzerne und Magnaten, eine leichte Beute für die Verlockungen des American Way of Life, der schon Westeuropa gleich nach 1945 im Sturm erobert hatte. Das Pentagon erwartete Taten. Obwohl die EU nicht einmal in ihrem harten Kern richtig konsoldiert war, musste Brüssel als vorgelagerte Bastion der USA in diesem historisch einmaligen Moment die sogenannte Osterweiterung vornehmen, um die Russen vor vollendete Tatsachen zu stellen, sollten sie sich jemals wieder erholen. Die Ost-Staaten dürsteten nach Konsumfreiheit und ein wenig Wohlstand. 2004 kam es zum großen Rush. Acht ehemals kommunistisch regierte Länder nahm die EU zu sich: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien. (Dazu Malta und Zypern). 2007 kamen Rumänien und Bulgarien, 2013 Kroatien.
Das Euro-Loch
Inzwischen krachte und ächzte es ordentlich im Schiffsgebälk der heillos überdehnten Staatengemeinschaft. Der Riesenkahn bekam ein Loch und das Loch hieß Griechenland (2009). Frau Merkel musste es stopfen, oder der Euro-Dampfer würde noch schneller absaufen als die Titanic. Mit gedruckten Milliarden wurden die Banken saniert. Von da an war der Euro nicht mehr auf der Siegerstraße, sondern musste verteidigt werden: «Whatever it Takes», sagte Zentralbankchef Draghi. Das wurde den Engländern dann doch zu bunt. Das Vereinigte Königreich vertschüsste sich 2016, so dass die EU nunmehr die Gemeinschaft der 27 ist, in der 5 Säue Milch geben und 22 Ferkel an den Zitzen nuckeln (Stand 2022).
Deutsche und Russen
Brüssel ist deutsche Chefsache. Frau Merkel entsendet Frau von der Leyen (2019). Und was macht von der Leyen alsbald? Sie fährt nach Kiew und küsst den guten Wladimir (Selenski). Die Osterweiterung hatte nämlich ein Kronjuwel «vergessen» – die Ukraine! Das Land der schwarzen Erde, der großen Wasserströme, der wertvollsten Bodenschätze. Russland war dabei, sich zu erholen. Eile war geboten, Kiew musste unbedingt für den Westen gerettet werden, die Krim war schon weg. Wäre alles gut gegangen, und der böse Wladimir (Putin) hätte in die Röhre geschaut. Aber dann kam Corona. Der Westen stand still. War mit sich selbst beschäftigt. Zusammen mit der Euro-Krise besorgt die Lockdown- und Impfpolitik ab 2020 einen mächtigen Vertrauensschwund in das grünlinke Establishment der EU. Euroskepsis macht sich breit. Rechtsruck. Der böse Wladimir nutzt die Stunde. Er lässt sich Kiew nicht vor der Nase wegschnappen. Einmarsch in den Donbass. Wut in Brüssel. Mediale Mobilmachung. Gelb-blaue Fahnen, verletzte Kinder und Mütter, verletztes Völkerrecht. Es geht um unsere Werte! Den Russen, diesen Orks, wird flugs ein Butscha angehängt und schon kann sich niemand mit dem «Kriegsverbrecher» Putin gemein machen. So, und jetzt sind wir im Mai 2024 gelandet. Der 9. Mai ist Europatag und für die Russen der Tag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg. Nie haben sie vergessen, was die Deutschen und deren Hilfsvölker Russland angetan haben. Und da stellt sich eine Figur wie der Ampelmann Pistorius hin und sagt, Deutschland sei «Bereit, die Führung zu übernehmen» (BILD).
EU lächelt Panik weg
Am 9. Juni sind Europawahlen. Der EU droht zum einen der Absturz in der Wählerbeteiligung. Zum anderen ein deutlicher Schwenk nach Rechts, ein Sieg der Brüssel-Skeptiker. Das könnte das deutsch-französische Primat in der EU und somit den Euro, die NATO und die Expansion des Westens bis an die Grenzen Russlands in Frage stellen. Von der Leyen möchte ihr Desaster weglächeln. Doch zu viele Bürger haben bereits den Durchblick.
Ironie der Geschichte
Mit der betonblonden EU-Führung gibt es nur mehr die Flucht nach vorn …in den großen Krieg. Genau das, was mit der Gründungsidee Europas ausgeschlossen werden sollte. Eine dem antiken Ödipus-Drama kaum nachstehende, bittere Ironie: was man unbedingt vermeiden will, kriegt man. Vor diesem gewaltigen geopolitischen Hintergrund die größten Errungenschaften der EU mit einem einheitlichen Telefonsteck-Kabel verteidigen und rechtfertigen zu wollen, ist schon ein elendes Stück.
Führungsdefizite
Die Statisten der EU weisen grobe Führungsdefizite auf, beginnend bei der weiblichen Garde (ausgenommen Giorgia und Margarete!). Der deutsche Pastorius (Hirte), der Europa großspurig in den Krieg führen will, könnte der Farmer in «Shaun das Schaf» sein. Drängende Frage: Wird es Shaun dem Schaf noch einmal gelingen, die Herde entgegen den Vorstellungen des nicht gerade sehr hellen Farmers zu retten?
Schafe, geht wählen, am 9. Juni. Europa verdient sich mehr als einen Telefonstecker und sicher nicht einen neuen Krieg.