Haben die Südtiroler bei der Landtagswahl am 22. Oktober 2023 epper ament gar nicht nach rechts gewählt?
Auf barfuss.it schreibt B. Plagg einen spritzigen Beitrag zu Politik/Ausgang Landtagswahlen/laufenden Koalitionsgesprächen. In «Liebesheirat der Loser» meint Plagg mit einem Blick in die SVP-Schachtel, die stimmgekürzten Konservativen in der Partei hätten mit großer Liebe für die Aufnahme der Koalitonsverhandlungen mit den «Rechten» gestimmt. Über diesen etwas verengten Blick in die Edelweiss-Kiste will Plagg den Eindruck erwecken, die Südtiroler hätten am 22. Oktober 2023 gar nicht nach rechts gewählt, und es wären die «Progressiven» die eigentlichen Gewinner der heurigen Landtagswahl. Durch diesen Taschenspielertrick wird aus einem geistreich geschriebenen Meinungsbeitrag – eine Seltenheit auf der Südtiroler Politikbühne – leider ein plumpes Pamphlet.
Beifall für die Schreibkunst dennoch: Auch wenn es ein Pamphlet bleibt, so hat es doch etwas von einer leichtfüßigen Koserie, nur hie und da, wenn auch lustvoll, aus dem Takt gebracht mit Einlagen von schnoddrigem Humor nach Fritto-Kienzlscher Küchenart – was dem Barfuss-Publikum sicher groß gefallen hat. Tatsächlich, die Ultra-Feministin Plagg kann auch unterhalten, sie überzeugt sprachlich und schauspielerisch. Nur nicht in res, da spielt sie Hütchen.
Etwa mit diesem verführerisch wahren Satz:
«Zunächst kurz zur Faktenlage: Die SVP geht mit den Fratelli d’Italia, der Lega, den Freiheitlichen und der Civica nach rechts und damit eine Koalition mit Parteien ein, die wenige gewählt haben».
Von wenigen gewählt, das mag numerisch stimmen. Nur muss man halt wissen, dass das Autonomiestatut die Regierungsbeteiligung von «italienischen» Parteien erzwingt, und sollten die auch nur von buchstäblichen tre gatti gewählt worden sein. Die zweite Mangel- und Mogel-Behauptung in der «Faktenlage» ist diese, Zitat Plagg:
«In absoluten Zahlen ist es also absoluter Quatsch, wenn sie [in der SVP, m. Anm.] mit der „Wähler:innenwillen“-Floskel daherkommen.»
Die Plaggin behauptet hier mit Berufung auf «absolute» Zahlen, die Konservativen/Rechten hätten verloren, die «Progressiven» aka Linken hätten gewonnen. Plaggs punktueller Vorzugsstimmenbefund aus den Eingeweiden der SVP gerinnt dieser Satz beim Leser zur Vorstellung, der Wählerwille Richtung rechts sei insgesamt ein «absoluter Quatsch».
In Wirklichkeit zeigt der Wählerwille bei diesen Landtagswahlen deutlich nach rechts.
Es stimmt, dass die sich anbahnende Koalition eine der relativen Stimmenverlierer ist – aber schau di an, mit Ausnahme, der verteufelten Fratelli, denn die sind für italienische Verhältnisse stark gewählt worden. Ja, es ist eine Koalition der Verlierer, der «Loser», wie Dame Plagg linkspopulistisch und herablassend schreibt.
Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in «absoluten» Zahlen die Linken 37.238 Wahlstimmen bekommen haben, die Rechten hingegen 84.765 Wahlstimmen – gut das Doppelte. Der Redlichkeit halber wollen wir die vier Mitte-Parteien mit ihren insgesamt 145.250 Wahlstimmen dort belassen, wo sie sich angesiedelt haben, nämlich in der Mitte und das heißt weder links noch rechts. In einer Mitte-Partei ist davon auszugehen, dass die internen eher Links- und eher Rechts-Strömungen sich gegenseitig ausbalancieren.
Eine künstliche progressive Mehrheit oder den indirekt behaupteten Wählerwillen nach links der Barbara Plagg gäbe es erst dann, wenn man unzulässigerweise und willkürlich, sagen wir, die Hälfte aller Mitte-Stimmen dem linken Lager zuordnet. Dann käme das progressive Lager auf mehr Stimmen als das rechte Lager (109.863 zu 84.765). Ohne diesen Zaubertrick bleibt es bei dem leicht festellbaren, überwältigenden Stimmenzugewinn auf rechter, also konservativer Seite. Dass aus diesem Pool die relativ Stimmenschwächsten zum Zug kommen, ist leider eine Tatsache, und die ist, wie anfangs gesagt, auch den Landesstatuten zuzuschreiben und nicht dem Parteiausschuss der SVP.